Kambodscha kompakt 2: Angkor und Stung Treng

Siam Riep

Die Nachtfahrt im „Hotelbus“ war holprig und wir wurden gegen 8.00 Uhr Frühs mal wieder weit entfernt vom eigentlichen Stadtzentrum abgesetzt. Dort wartete bereits eine Horde hungriger Tuktuk-Fahrer auf uns, die für ihre Dienste wie üblich gegenüber uns Touristen einen überteuerten Betrag verlangten. Da wir aber Lust hatten, an diesem wunderschönen Morgen zu laufen, packten wir unsere Rucksäcke und liefen vorbei an verdutzten Gesichtern, wobei der Fahrpreis für uns immer weiter gesenkt wurde – am Ende auf nur noch einen Dollar von anfänglich zehn. Nach zwei Stunden Fußmarsch erreichten wir den Ort, an dem sich unser Hotel, das Arbaretum Guest House, hätte befinden sollen. Wir erfuhren, dass dieses schon seit mehreren Monaten umgezogen sei und sich nun nahe Angkor befände. Anstatt erneut zwei Stunden zu laufen, nahmen wir nun doch Verhandlungen mit einem Tuktuk-Fahrer auf, an deren Ende er uns zum neuen Sitz unseres Hotels fuhr.

Dort angekommen, stellte sich uns ein Mann als der Grundeigentümer vor und erklärte, der Hotelbetreiber sei gestern wegen Betrugs in zahlreichen Fällen von zehn bewaffneten Polizisten abgeführt worden, es werde sich aber alles fügen. Mit dieser Begrüßung gingen wir in unser Zimmer, wo leider weder Internet, noch Strom oder gar das Wasser funktionierte. Besonders das Wasser fehlte uns sehr, denn nach der Nachtfahrt und dem langen Weg zu Fuß wäre eine Dusche bitter nötig gewesen.

So vertrieben wir uns die Zeit mit den aufregenden Geschichten der europäischen Angestellten. Sie hatten angeblich über mehrere Monate hinweg Beweise gesammelt und mit der Polizei zusammengearbeitet. Die Liste aller Vorkommnisse mit den Gästen, Angestellten und externen Dienstleistern ist zu lang, um hier angeführt zu werden, aber letztlich beschwerten sich alle Beteiligten, der Besitzer habe sie um Geld betrogen. Wir hatten hier zwei Nächte gebucht und kein Interesse unseren Aufenthalt zu verlängern. Irgendwie kam uns das alles etwas komisch vor und wir fühlten uns wie im falschen Film. Immerhin kamen Wasser und Strom nach einiger Zeit zurück.

So zogen wir nach Ablauf der bereits im Netz gebuchten Zeit in eine neue Bleibe im Stadtzentrum und genossen dort u.a. den riesigen Nachtmarkt, die Pub-Street und das Water-Festival. Auf letzterem, welches einem deutschen Stadtfest sehr ähnelte, waren wir weit und breit die einzigen Westler. Wir gaben uns ganz dem bunten Treiben hin, kosteten Eis, Zuckerwatte und andere Leckereien.

Die Tempel von Angkor

Überblick

Die Tempel von Angkor sind schlicht das Touristen-Highlight in Kambodscha. Niemand kommt am Land vorbei, ohne sich zumindest den berühmtesten unter ihnen, Angkor Wat, angesehen zu haben – der größte Tempelkomplex der Welt. Die verbleibenden, mehr als 1000 Tempel markieren die alte Hauptstadt des Khmer-Reiches und sind über ein großes Areal zerstreut. Jüngsten Vermutungen zufolge sollen hier zu Hochzeiten einst bis zu 1 Mio Menschen gelebt haben. So nahmen wir uns auch gleich drei Tage, um per Rad und Tuktuk die Gegend zu erkunden und auf diese Weise ein bisschen mehr über die Vergangenheit des Landes zu erfahren.

Neben einigen Wasserspeichern, Brücken und Aquädukten sind die Tempel das einzige übriggebliebene der ehemaligen Hauptstadt; Wohnhäuser waren typischerweise aus Holz erbaut und haben die Zeiten nicht überdauert. Besonders spannend dabei ist, dass bis vor einigen Jahrzehnten noch immer nicht ganz das tatsächliche Ausmaß der Anlagen bekannt war. Einige Tempel wurden gar erst vor 50 Jahren aus dem Urwald geschnitten, sind seither nahezu unverändert. Hier und da wurden Stützbalken angebracht. Aber Urwaldriesen umringen immer noch so manche Mauer. An den meisten Tempeln kann man sich vollkommen frei von Abgrenzungen bewegen. Wir kletterten über die Gemäuer, gingen durch dunkle Hallen und verspürten so ein wenig von dem, was wohl die Wiederentdecker dieser Tempel vor einiger Zeit gefühlt haben müssen. Die Gebäude sind eindrucksvoll und lehren Respekt vor dem alten Khmer-Reich – und somit auch vor Kambodscha. Viele, internationale Projekte zur Instandhaltung bzw. Restaurierung sind im Gange, oft unter Anleitung und Förderung durch die USA, Frankreich, Japan, China oder auch Deutschland.

Khmer-Musiker bei Angkor vor Tempel

Randnotiz

Im Jahr 1999 hat sich die private Firma Sokimex die Rechte gesichert, für einen Zeitraum von 99 Jahren im Auftrag der Aspara National Authority die Eintrittsgelder von Angkor einzusammeln und dabei eine hübsche Provision abzukassieren. Die Firma Sokimex wurde von dem in Cambodia geborenem vietnamesischen Geschäftsmann Oknha Sok Kong gegründet. Schätzungen zufolge gehen durch den mit Sokimex geschlossenen Vertrag jährlich zig Millionen an Dollar verloren, die eigentlich dem Erhalt und der Entwicklung der Anlagen zugutekommen könnten.[1]

Tuktuk-Fahrer-Empfehlung

Dieser Abschnitt soll nicht enden, ohne eine kleine Ode auf unseren Tuktuk-Fahrer zu singen. Neu im Geschäft zwar, aber er verfügt über ein nagelneues Gefährt sowie gutes English. Zuverlässig, das Herz am rechten Fleck und faire Preise. Mister Piseth möchte ich allen, die nach Siem Riep kommen, wärmstens empfehlen. Ruft den Jungen an (und grüßt ihn von uns)! Kontaktdaten im Bild…

Kontakt-Daten unseres Tuktuk-Fahrers Mr Piseth
Kontakt-Daten unseres Tuktuk-Fahrers Mr Piseth

Stung Treng

Den Abschluss unseres einmonatigen Aufenthalts bildete die kleine Stadt Stung Treng, welche unter Touristen lediglich als Durchreiseort bekannt ist. Hier verbrachten wir über eine Woche und hatten beinahe ein ganz gewöhnliches Leben mit immer gleichen Tagesabläufen. Frühs holten wir Kaffee bei unserer Marktfrau und hielten ein kurzes Pläuschchen, kauften dann Obst. Abends gingen wir für Gewöhnlich um die Ecke zum Nudelmann. Neben der Veröffentlichung einer Homepage, an der Carsten seit einigen Wochen verteilt gearbeitet hatte und unseren Spaziergängen am Mekong-Ufer war die Fahrrad-Tour unser Highlight in diesem verschlafenen Ort. Hierbei fuhren wir den sogenannte Sticky Rice Trail, welcher ein Teil des Mekong Discovery Trails darstellt. Das Tagesausflugsangebot markiert den Versuch, Stung Treng auch touristisch attraktiver zu machen. Dies scheiterte jedoch. Das geschaffene Angebot wurde von Reisenden zu wenig angenommen und so kommt man heute kaum noch an Informationen über Wegenetz und Anbieter, weswegen wir uns mit Karte ausgestattet selbst die Route suchen mussten.

Resümee

Wir hatten einen spannenden, aber auch entspannten Monat in Kambodscha, ließen uns viel Zeit bei den einzelnen Etappen und haben vor allem viel gelernt über Land und Leute, worüber wir zu Beginn der Reise kaum etwas wussten. Wir sind ein wenig froh, das Buch Curse of Cambodia erst nach unserem Aufenthalt fertig gelesen zu haben, sonst hätten wir wohl nicht alles so vorbehaltlos genießen können. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nation die kommenden Jahre entwickeln wird. Nichts desto trotz war Kambodscha neben Sumatra das wohl aufregendste und zumindest noch ursprünglichste Land unserer Reise.

[1] Quelle: https://www.cambodiadaily.com/archives/apsara-authority-rejects-claim-angkor-wat-rented-out-73204/

 

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