Vietnam und seine Hauptstadt Hanoi: Lust auf mehr

Die zehn Tage Vietnam waren für uns leider nicht mehr als ein Appetitmacher. Wir kamen aus Laos kränkelnd an, brauchten einige Tage, um wieder auf die Beine zu kommen, mussten uns dann um unser Myanmar-Visum kümmern, waren ein wenig shoppen und schon war die wenige Zeit vorbei, die wir uns voll illusorischer Pläne für das Land genommen hatten. Aber ein Grundeindruck vom Land hat sich dann dennoch gefestigt. Und ein bisschen was gesehen und gehört haben wir ebenfalls; vor allem in Hanoi konnten wir uns genauer umsehen. Und dann war ja auch noch Weihnachten…
Hanoi Überblick
Das Stadtbild in Hanoi ist zunächst einmal in einem Punkt außergewöhnlich: Die Anzahl zugelassener Motorroller liegt im Vergleich zu Autos um mehr als das 50-fache höher. Überall rollt das Volk dicht an dicht zu Hunderten über die Straßen – auf motorisierten Zweirädern aller Variationen… Der Verkehr ist entsprechend stressig, weil schwer einzuschätzen; Autos rollen oft nur in Schrittgeschwindigkeit durch die Innenstadt, während sich alles andere um sie herumzuschlängeln versucht. Das schwächste Glied ist der Fußgänger, der sich dem aggressiven Hupen im Zweifel besser fügt. Ein Mundschutz zählt für die Einwohner von Hanoi zur Standardausstattung.
Nichts desto trotz mochten wir es hier. Das dynamische, urbane Treiben tat gut nach so viel ländlicher Idylle in Laos. Kulturell erinnert uns vieles hier an China. Die Menschen, das Essen, die Lebensart. Ein bisschen ähnlich ist es. Kein Wunder, sind doch die meisten heutigen Vietnamesen Nachfahren chinesischer Einwanderer von vor 400 Jahren.
Hanois Straßen
Essensrückstände, Verpackungen und aller weiterer Unrat werden an Ort und Stelle fallen gelassen, gelegentlich zusammengekehrt und in der Kanalrinne gesammelt. Gegen Abend oder über Nacht kommt die Straßenreinigung und entsorgt die Hinterlassenschaften, ehe am frühen Morgen dasselbe Spiel von Vorne beginnt. Der Straßen-Odeur konzentriert sich entsprechend gen Feierabend und bildet eine ortstypische Note aus.
Besonders auffällig sind zudem die vielen mobilen Marktfrauen mit Reishüten, die ihre Waren in zwei Körben an einem langen Bambusstab den ganzen Tag laufend auf der Schulter tragen. Manchmal rennen sie. Dann ist die Polizei nicht weit. Ihr Schicksal wird in dem eindrucksvollen Hanoier Frauenmuseum näher beleuchtet. Es handelt sich in aller Regel um Damen vom Land, deren Einkommen aus der Landwirtschaft nicht zum Überleben ausreicht. Sie kehren alle zwei Wochen zu ihren Familien zurück und bringen jedes Mal etwa 20 US-Dollar Verdienst mit.
Kulinarisches
Das Essen Vietnams hat ein top Preisleistungsverhältnis, aber geschmacklich überzeugte es mich leider nicht vollends. Allzu oft wurden uns Reisnudeln serviert, deren Konsistenz an Pudding und deren Optik an bereits Durchgekautes erinnerte. Darüber hinaus kosteten wir viel vor Fett triefendes Frittiertes. Aber: Ein paar Mal hatten wir auch echt Leckeres, Extraordinäres auf dem Teller. Den Höhepunkt unserer kulinarischen Reise bildeten gebratene Würmer in einem Dill-Eier-Mantel… Erstklassig!!
Was wir liebten und ausgiebig auskosteten, ist die gelebte Café-Kultur. Bereits in Laos genossen wir ausgiebig den dickflüssigen Trank mit viel süßer Kondensmilch, doch dies wurde in Vietnam nochmals getoppt. Vergesst Espresso, Cappuccino, Kaffee Latte & Co! Vietnam trumpft auf mit ganz eigenen Kaffee-Kreationen, die jede für sich einen Versuch wert sind. In keinem anderen Land saßen wir so häufig in einer Wirtschaft mit einer Tasse heißem oder kaltem Aufguss sowie süßem Gebäckstückchen, um die Atmosphäre zu genießen und Leute zu beobachten.
Weihnachten
Vietnam ist mehrheitlich weiß Gott nicht christlich geprägt. Das hält das Land jedoch nicht davon ab, sich dennoch ein Stück amerikanischer Weihnachtstradition einzuverleiben. Überall Plastikschmuck, Lichterketten, Kinder in Billig-Satin-Santa-Kostümen und weiterer Kitsch. Weihnachtskonsum ohne den Hauch jeder Tradition: Hier ist es möglich. Toll war allerdings ein Abstecher in den französischen Festtagsgottesdienst in der St.-Joseph-Kathedrale, die Aufführungen auf der Großbühne daneben sowie unser abendlicher Besuch im Jazz-Club.
Schlusswort
Vietnam ist ein offenes Kapitel geblieben. Was wir sahen, machte Lust auf mehr. Hoi an, Hon-Chi-Min-City, der Mekong-Delta, Ökotourismus in entlegenen Dörfern, die Inseln im Süden… all das wartet noch auf uns bei einer Rückkehr. Wann auch immer diese sein wird…