Zwischenetappe Honkong: Resisting the City of Life

Hongkong gehört seit 1999 offiziell zu China, aber irgendwie auch nicht… Auf unserem Nord-Süd-Zug durch die Volksrepublik bildete es jedenfalls den krönenden Abschluss. Die Stadt offenbarte uns so manche Superlative…

Vorspann

Doch wie immer zunächst chronologisch von Beginn an. Nach Xiamen führte uns die Zugtrasse weiter nach Shenzen, eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt. Die Nähe zu Hongkong und die im Verhältnis niedrigen Steuern haben den Ort innerhalb der letzten 30 Jahre von einem Fischerdorf zur Millionenmetropole morphen lassen.

Durch den Wirtschaftssonderstatus von Hongkong gelten für Hongkong und China zwei verschiedene Visa. Entsprechend passierten wir den ersten Grenzposten unserer Reise per Pedes zwischen Shenzen und Hongkong…

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Ein gemeinsames Brainstorming zum Thema Honkong ergab bei uns die folgenden Assoziationen: Opiumkrieg, Sonderverwaltungszone, Weltmetropole mit sieben Millionen Einwohnern, spürbar westlich-britischer Einfluss, Kantonesisch, Lokalpatriotisch, Mündungsgebiet des Perlflusses, unsagbar teuer (auch und vor allem im Vergleich zum Rest Chinas).

Honkong Skyline
Blick auf die Hongkong Skyline

Unterkunft

Da wir wussten, Honkong würde unser Reisebudget sprengen, versuchten wir ambitioniert, bei Couchsurfern unterzukommen. Leider war das gar nicht so einfach, denn an Touristen-Hotspots wie Honkong werden Hosts für gewöhnlich von Couch-Anfragen überflutet. Nachdem die zehnte Absage ins Postfach flatterte, entschieden wir uns in letzter Sekunde doch für die Hotelvariante. 5 bis 6 qm kosten hier so viel wie zwei oder drei Übernachtungen im geräumigen Zimmer anderswo… Aber es half nichts. Wir wollten Hongkong mitnehmen und irgendwo mussten wir bleiben. Wir bezogen also Stellung im bislang kleinsten und dennoch teuersten Hotelzimmer der Reise – am südlichen Zipfel von Kowloon direkt in der Nathan Road, wo Luxusmaßschneider aggressiv um jeden Kunden buhlen.

Tag X

Dann kam Tag X.

Im Beijinger Krankenhaus hatten wir vereinbart, Michaelas Gipsarm in der Hongkonger Partnerpraxis erneut checken zu lassen, sobald wir dort ankommen würden. Wir riefen also den Ellenbogenspezialisten an und bekamen zwei Stunden darauf einen Termin.

Die Privatpraxis war voller Kompetenz und Dekadenz. Sie offenbarte die medizinische Zweiklassengesellschaft par excellence. Es erforderte einige Überzeugungsarbeit, Michaelas schlechtes Gewissen zu schmälern und ihr weiß zu machen, dass sie diese elitäre Behandlung mehr als verdient hätte und nun verdammt noch mal auch den Dient an ihr genießen solle, für den sie schließlich auch in Vorleistung treten müssen würde… Während also eine neue Röntgenaufnahme gemacht wurde, schlürfte ich im Wartezimmer aus dem örtlichen Vollautomaten meinen seit etlichen Wochen ersten Espresso und versenkte den Pappbecher anschließend im sich per Sensor selbst öffnenden Elektromülleimer, während ich den romantischen Blick aus dem Panoramafenster auf die beeindruckende Skyline von Hongkong Island genoss.

Nach vollendeter Untersuchung war klar: Der Gips kann und muss ab. Die Bewegungsfreiheit kam erst langsam zurück, doch darauf hatten wir vier Wochen hingefiebert und waren überglücklich.

Eindrücke

Von Anfang an fühlten wir uns hier wohl und schlossen die Stadt ins Herz. Wir fielen als Westler nicht mehr soooo sehr auf wie vorher, konnten uns daher freier bewegen, Straßenschilder lesen und uns endlich wieder überall ohne Barriere auf Englisch verständigen.

Wir erkundeten die Stadt zu Fuß, aber auch per Underground, Bus (für den man Schlange stehen muss), zweistöckiger Straßenbahn und sogar Star Ferry (die historische, mehr als 100 Jahre alte Fähre im Victoria Harbour, für nur 2,80 HKD).
Natürlich statteten wir auch dem Vater von Lan Kwai Fong einen Besuch ab, allerdings ohne in einem seiner Bars einen Drink einzunehmen. Die Pinte Bier gibt’s hier für 65 HKD; das sind circa 7,50 €. Dennoch ein ungeheuer charmevolles Partyviertel, in denen sich nur auffallend wenige chinesisch aussehende Menschen aufhalten.

Neben Sprache und Menschen fiel mir der Einfluss Chinas komischerweise vor allem dadurch auf, dass Baugerüste auch für die größten Gebäude stets aus Bambus errichtet werden (siehe Foto).
Nach fünf Tagen langer Streifzüge durch die Metropole packten wir erneut unsere (das erste Mal frisch in einer Wäscherei gewaschenen) Sachen… Nächste Destination: Kuala Lumpur.

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